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Gendergesundheitsbericht 2024: Fokus sexuelle und reproduktive Gesundheit

Das Gesundheitsministerium hat den Gendergesundheitsbericht 2024 veröffentlicht. Dieser bietet erstmals einen umfassenden Überblick über die sexuelle und reproduktive Gesundheit in Österreich aus einer gendersensiblen Perspektive.

 

 „Sexuelle und reproduktive Gesundheit betrifft alle Menschen in jeder Lebensphase. Jede Zielgruppe hat andere Bedürfnisse, die sich nach Geschlecht, sozialem Status, Bildung, Beruf und Herkunft verändern. 72 Prozent der Jugendlichen würden gern mehr über sexuelle und reproduktive Gesundheit lernen. Das spiegelt den Bedarf an flächendeckender sexueller Bildung wider - in jedem Alter“, so Gesundheits- und Sozialminister Johannes Rauch.

 

WHO: Sexuelle Gesundheit und Wohlbefinden

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert sexuelle und reproduktive Gesundheit als einen integralen Bestandteil des menschlichen Wohlbefindens. Gesellschaftliche Strukturen und ein historisch geprägtes Gesundheitssystem haben jedoch dazu geführt, dass diesem Bereich bislang zu wenig Aufmerksamkeit zuteilwurde. Der Bericht baut auf dem Frauengesundheitsbericht 2022 auf und erweitert die Betrachtung sexueller Gesundheit um soziale, kulturelle und sozioökonomische Aspekte.

Ziel des Berichts ist es, gendersensible Perspektiven stärker in das Gesundheitssystem zu integrieren und die Bedürfnisse unterschiedlicher Geschlechter sowie sexueller und geschlechtlicher Minderheiten zu berücksichtigen.

 

Handlungsempfehlungen zur sexuellen Gesundheit

Sylvia Gaiswinkler, Studienautorin von Gesundheit Österreich GmbH, betont: „Der Gendergesundheitsbericht bietet erstmals einen evidenzbasierten Überblick zur Gesamtsituation sexueller und reproduktiver Gesundheit in Österreich. Damit reicht er über die bislang stark reduzierte Betrachtung auf die klassischen sexuellen Funktionsstörungen und sexuell übertragbaren Erkrankungen hinaus und fokussiert sowohl auf unterschiedliche Geschlechtsperspektiven sowie auf die verschiedenen Lebensphasen und -umstände der Menschen. Ein wesentliches Ergebnis dieses Berichts und gleichzeitig auch strategische Handlungsempfehlung ist die Notwendigkeit der Etablierung eines abgestimmten Bildes, wie zukünftig sexuelle Gesundheit umfassend und qualitätsgesichert innerhalb und außerhalb des Gesundheitssystems integriert werden kann.“

 

Sexuelle Bildung in Österreich

Ein wichtiger Fokus des Berichts liegt auf der sexuellen Bildung. 72 Prozent der Jugendlichen wünschen sich mehr Wissen über sexuelle und reproduktive Gesundheit. Der Bericht deckt jedoch Lücken in repräsentativen Daten zur sexuellen Bildung in Österreich auf. Die wenigen vorhandenen Studien konzentrieren sich hauptsächlich auf Jugendliche und weisen oft heteronormative Perspektiven auf. Burschen interessieren sich vor allem für Verhütung und sexuell übertragbare Infektionen, während für Mädchen zusätzlich der Zyklus eine zentrale Rolle spielt.

 

Chancengleichheit: Zugang zu sexueller Gesundheit

Sexuelle und reproduktive Gesundheit sowie das Recht auf selbstbestimmte Entscheidungen sind zentrale Anliegen der Chancengerechtigkeit.  Sexarbeiter:innen, Menschen mit Behinderungen, ältere Menschen und Personen mit Pflegebedarf haben oft erschwerten Zugang zu relevanten Informationen und medizinischen Angeboten. Der Bericht fordert insbesondere eine stärkere Berücksichtigung der Bedürfnisse von älteren Menschen und Menschen mit Behinderungen, da hierzu kaum Daten existieren.

 

Herausforderungen bei der Organisation sexueller Gesundheit

Der Bericht hebt hervor, dass es in Österreich kein einheitliches Konzept zur sexuellen und reproduktiven Gesundheit gibt. Regionale Unterschiede in der Informations- und Beratungsstruktur sowie hohe privat zu tragende Kosten erschweren insbesondere für Mädchen und Frauen den Zugang. Während die Rahmenbedingungen stark auf den Bereich der Reproduktion ausgerichtet sind, bestehen Lücken bei der Berücksichtigung der vielfältigen Dimensionen sexueller Gesundheit, insbesondere für Mädchen, Frauen und genderdiverse Personen.

 

Zukunft: Gendersensible Gesundheit

„Es ist an der Zeit, die sexuelle und reproduktive Gesundheit aus einer vielschichtigen und gendersensiblen Perspektive zu betrachten, um die Bedürfnisse aller zu erkennen und die Chancengleichheit im Gesundheitswesen zu fördern“, betont Gesundheitsminister Johannes Rauch. Als ersten Schritt wurde ein umfangreiches E-Learning-Tool entwickelt, um Gesundheitspersonal im Umgang mit genderdiversen Personen zu schulen.

 

Der Gendergesundheitsbericht 2024 kann unter folgendem Link abgerufen werden: 

Gender-Gesundheitsbericht 2024

Das E-Learning Tool ist unter folgendem Link auffindbar:

E-Learning Tool zu LGBTIQ+ | Gesundheitsportal

 

Autorinnen Gesundheit Österreich GmbH / Fachabteilungen: 
Gesundheit, Gesellschaft und Chancengerechtigkeit“ und „Gesundheitsberufe und Langzeitpflege“- Sylvia Gaiswinkler, Anna Wahl, Johanna Pfabigan, Johanna Pilwarsch, Daniela Antony, Tonja Ofner, Jennifer Delcour, Jennifer Antosik.

Collage mit fröhlichen Menschen unterschiedlicher Hintergründe, Geschlechter und Altersgruppen, vor bunten Hintergründen.