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Social Prescribing in Österreich: Pilotprojekt zeigt klare Erfolge

Viele Patientinnen und Patienten kommen mit Sorgen in Ordinationen, die nicht medizinisch begründet sind – etwa aufgrund von Einsamkeit, Stress oder finanziellen Schwierigkeiten. Social Prescribing, also die ärztliche „Verschreibung“ sozialer Angebote, setzt genau dort an – und wird seit 2021 in Pilotprojekten bereits umgesetzt. Eine aktuelle Auswertung der Gesundheit Österreich GmbH belegt hohe Erfolgsquoten. Ein neuer Fördercall des BMASGPK für 2026–2028 soll nun weitere Projekte ermöglichen.

Etwa jede fünfte Konsultation in der hausärztlichen Versorgung hat keinen primär medizinischen Hintergrund – und landet dennoch in der Arztpraxis, wie eine britische Studie zeigt1. Diese Fehllenkungen verursachen Kosten, belasten Ärztinnen und Ärzte und führen oft auch zu keiner passenden Lösung für die betroffenen Personen. Ein Lösungsansatz heißt: Social Prescribing. Doch was genau steckt hinter diesem Begriff?

Beim Social Prescribing verweisen Ärztinnen bzw. Ärzte oder andere Fachkräfte Patientinnen und Patienten an Fachkräfte mit Link-Working-Funktion. Diese vermitteln passende Angebote wie Sportgruppen, Beratungsstellen oder Hilfsdienste. Seit 2023 läuft in sechs Bundesländern ein Pilotprojekt, das von der GÖG begleitet wird. Der aktuelle Ergebnisbericht liefert erstmals umfassende österreichische Daten.

Vermittlung zu sozialen Unterstützungsangeboten

Bei über 1.200 teilnehmenden Personen konnten 85 Prozent an passende Stellen weiterverwiesen werden – von psychosozialen Beratungen über Sozialhilfe bis hin zu Angeboten der Freizeitgestaltung. Die Auswertung zeigt: Social Prescribing ist ein evidenzbasierter, wirksamer Ansatz, der die Lebensqualität stärkt, die Selbstwirksamkeit der Patientinnen und Patienten fördert und gleichzeitig die Primärversorgung entlastet. Die aktuellen Ergebnisse aus den Pilotprojekten zeigen, dass der Ansatz tragfähig, skalierbar und anpassbar ist.

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Korinna Schumann wurde am 2. April 2025 von Bundespräsident Alexander Van der Bellen als Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz angelobt.
© BKA / Andy Wenzel

"93 Prozent würden Social Prescribing weiterempfehlen. Das zeigt, dass wir Menschen erreichen, die wir sonst nur sehr schwer erreichen könnten", sagte Gesundheitsministerin Korinna Schumann. Social Prescribing setze zudem genau bei diesen Problemfeldern an: "Wir verbinden Betroffene gezielt mit Angeboten außerhalb der klassischen Medizin - und das entlastet gleichzeitig die Ärztinnen und Ärzte", erläuterte Schumann.

Hohe Zufriedenheit und konkrete Verbesserungen

Insgesamt wirkten 15 Einrichtungen aus sechs Bundesländern an den Projekten des Fördercalls 2023–2025 mit. Dazu zählen Primärversorgungseinheiten, pädiatrische Praxen sowie eine Einrichtung für nichtversicherte Personen. Sie erhielten Fördermittel von bis zu 60.000 Euro. Die Daten zeigen, dass vor allem Personen mit schwieriger finanzieller Lage, instabiler Lebenssituation oder eingeschränkten sozialen Kontakten profitieren. Mehr als die Hälfte war nicht erwerbstätig, häufig aufgrund von Pension oder gesundheitlichen Einschränkungen.

Das bestätigt auch Daniela Rojatz von der Gesundheit Österreich: "Wenn man dreimal die Woche wegen Kopfweh zum Arzt kommt und dieser alles medizinisch abgeklärt hat und es  keine Diagnose gibt, dann steckt womöglich was anderes dahinter. Und dann gibt es Social Prescribing, wo man dann Beratung ermöglichen kann, wo dann herausgearbeitet wird, was ist denn wirklich der Hintergrund?
 

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Daniela Rojatz im Interview mit ORF zum Thema Social Prescribing.
Screenshot: ORF ON / 04.12.2025, ZIB 7.00 / Daniela Rojatz (GÖG) im Interview zum Thema Social Prescribing

 

Zentrale Rolle des Link-Workings

Die Vermittlung erfolgt überwiegend an psychosoziale Beratungsstellen: In der Primärversorgung betraf das 51,5 Prozent der Fälle, in der Pädiatrie sogar 66,7 Prozent. Sozial- und Rechtsberatung folgten mit jeweils rund einem Viertel. Bewegungsangebote, soziale Gruppenaktivitäten und berufliche Beratung spielten ebenfalls eine wichtige Rolle.

Fachkräfte mit sogenannter Link-Working-Funktion bilden das Kernstück des Modells. Sie erfassen Bedürfnisse, entwickeln gemeinsam mit Patientinnen und Patienten konkrete Schritte und begleiten den Übergang zu passenden Angeboten. Damit soll eine längerfristige Stabilisierung ermöglicht werden. Für die kommenden Jahre plant das Gesundheitsministerium eine Ausweitung. Ein neuer Fördercall für 2026 bis 2028 ist bereits ausgeschrieben.

Social Prescribing
 

1 Polley, Marie; Fleming, James; Anfilogoff, Tim; Carpenter, Andrew (2017): Making sense of Social Prescribing. University of Westminster, London

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