Primärversorgung in Österreich: Ausbau auf 300 Einheiten bis 2030
Österreich plant eine umfassende Reform im Gesundheitswesen: Die Zahl der Primärversorgungseinheiten (PVE) soll bis 2030 auf 300 Einheiten verdreifacht werden. Damit reagiert die Politik auf aktuelle Herausforderungen im Gesundheitssystem, insbesondere auf die hohe Auslastung von Spitälern und auf Engpässe in der hausärztliche Versorgung in ländlichen Regionen.
Gesundheitsreform zielt auf flächendeckende, patientenzentrierte Versorgung

Dieses ambitionierte Ziel wurde bei einer Pressekonferenz anlässlich der Konferenz des Europäischen Forums für Primärversorgung (EFPC) an der Universität Wien vorgestellt. Gesundheitsstaatssekretärin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ) betonte: „Wenn wir tatsächlich dazu kommen wollen, dass wir Krankenhäuser entlasten, dass wir Spitalsambulanzen entlasten, werden wir uns dieses Thema stellen müssen, wie wir auch Primärversorgung 24/7 zur Verfügung stellen können.“ (ORF Mittagsjournal 08.09.2025 (ORF 2025a))
Der aktuelle Stand: Rund 133 Primärversorgungseinheiten

Derzeit gibt es in Österreich rund 133 Primärversorgungseinheiten, wie Herwig Ostermann, Geschäftsführer der Gesundheit Österreich GmbH, erklärte: „Wir stehen aktuell, bei 133 Einheiten. Das Ziel sind bekanntermaßen die 300 bis 2030.“ (ORF Mittagsjournal 08.09.2025 (ORF 2025a)).
In diesen Einrichtungen arbeiten multidisziplinäre Teams aus Allgemeinmediziner:innen, diplomierten Gesundheits- und Krankenpfleger:innen sowie Therapeut:innen und Sozialarbei-ter:innen unter einem Dach. Damit soll nicht nur die medizinische Grundversorgung verbessert, sondern auch eine niederschwellige Anlaufstelle für Patient:innen geschaffen werden.
Internationale Vorbilder und Kritikpunkte
Ewout Van Ginniken, Direktor des European Observatory on Health Systems and Policies, attestiert Österreich Fortschritte im internationalen Vergleich. „Vor zehn Jahren hat Österreich relativ schlechte Ergebnisse gehabt und war das Resultat ein Low Primary Care Country.“ Heute erkenne man jedoch „genau die richtigen Ansätze für Reformen“, vor allem durch den Aufbau multidisziplinärer Primärversorgungszentren, so Van Ginniken weiter. (ORF Mittagsjournal 08.09.2025 (ORF 2025a)).
Dennoch betont er: In Ländern wie den Niederlanden sei es undenkbar, dass Patient:innen ohne Überweisung direkt zu Fachärzt:innen gehen können. Dort sei die Primärversorgung die zentrale Steuerungsinstanz – offen rund um die Uhr, sieben Tage die Woche.
Ziel: Patientensteuerung und Rund-um-die-Uhr-Versorgung
Ein zentrales Anliegen der Reform ist die Verbesserung der Patientensteuerung. Statt eines Zwangsmodells setzt die Politik auf Begleitung, wie Königsberger-Ludwig erklärt: „Es geht um Begleitung, nicht um Lenkung.“
Mithilfe der Hotline 1450 sollen Patient:innen in Zukunft besser durch das Gesundheitssystem navigiert werden. Herwig Ostermann sieht vor allem in der Erreichbarkeit rund um die Uhr ein Zukunftsmodell: „Möglichst 24/7 – ja, wir wollen eine möglichst hohe Kontinuität in der Versorgung gewährleisten.“
(ORF Mittagsjournal 08.09.2025 (ORF 2025a))
Praxisbeispiel: Hausärztliche Versorgung als Puzzle-Lösung
Ein praktisches Beispiel lieferte Dr. Stephanie Poggenburg, Allgemeinmedizinerin und Gründerin eines neuen PVZ. Sie unterstreicht die Bedeutung einer multiprofessionellen Versorgung: „Wir versuchen, patientenzentriert zu denken und bei den vielen Puzzleteilen, die die Patienten von den verschiedenen Spezialisten mitbringen, zu einem Gesamtbild und zu Heilung zu verhelfen.“ (APA-Meldung zur EFPC-Konferenz (Wien, 08.09.2025))
Austausch in Österreich und internationale Vernetzung
Parallel zur EFPC-Hauptkonferenz fand auch das Mitgliedertreffen der Plattform Primärversorgung im Dachverband der Sozialversicherungen statt. Mit dabei war Gesundheitsministerin Korinna Schumann. In mehreren Workshops diskutierten die Teilnehmer:innen praxisnah über Teamarbeit, die Weiterentwicklung der Versorgung und konkrete Herausforderungen in der Primärversorgung.
Fazit: Reform mit Zukunftspotenzial
Die geplante Verdreifachung der Primärversorgungseinheiten bis 2030 ist ein wesentlicher Schritt hin zu einer zeitgemäßen, niederschwelligen und effektiven Gesundheitsversorgung in Österreich. Internationale Vorbilder zeigen, dass eine starke Primärversorgung nicht nur Patient:innen entlastet, sondern auch das Gesamtsystem effizienter macht.
Weitere Informationen:
Quellen:
- ORF (2025a): Mittagsjournal vom 08.09.2025
- ORF (2025b): ZIB Mittag vom 08.09.2025
- APA-Meldung zur EFPC-Konferenz vom 8.09.2025
