Österreich feiert 100 Primärversorgungseinheiten
Mit 1. Juli 2025 eröffnen drei neue Primärversorgungseinheiten (PVE). Somit gibt es ab diesem Datum 100 PVE in Österreich - davon 92 Primärversorgungszentren und 8 Primärversorgungsnetzwerke. 13 dieser Einheiten sind speziell für die Versorgung von Kindern und Jugendlichen vorgesehen und werden als Kinder-PVE bezeichnet.
Pressekonferenz zum 100. PVE in Wien
Die erste Primärversorgungseinheit wurde 2015 in Wien eröffnet. Seither sind die Einrichtungen, in denen interprofessionell zusammengearbeitet wird, sukzessive mehr geworden. Die drei nun bevorstehenden Neuzugänge befinden sich in Stubai, in Bad Ischl sowie in Graz-Liebenau. Die heutige Pressekonferenz fand im Kinder- und Jugendgesundheitszentrum Leuchtturm in der Seestadt Aspern in Wien statt.
Gesundheitsministerin Korinna Schumann (SPÖ) betonte dabei mit Vertreterinnen und Vertretern der Sozialversicherung sowie der Länder: „Die Stärkung der Primärversorgung liegt mir persönlich sehr am Herzen – denn sie bringt gute, wohnortnahe Gesundheitsversorgung dorthin, wo sie gebraucht wird: zu den Menschen.
Mit der 100. Primärversorgungseinheit haben wir einen großen Meilenstein erreicht – und zeigen, dass dieses moderne Versorgungsmodell in ganz Österreich ankommt. Dahinter stehen engagierte Teams und viel Herzblut. Mein Dank gilt allen Beteiligten, die mit ihrem Einsatz und ihrer Expertise maßgeblich zu dieser Erfolgsgeschichte beigetragen haben.“
Das Angebot an solchen Versorgungszentren bzw. -netzen sei in den vergangenen Jahren stark gestiegen, wurde betont. Ein weiterer Ausbau ist geplant, um neue Förderungen wird noch gerungen.
Zahl könnte heuer auf 130 steigen
Dort sind neben Kinderärztinnen unter anderem auch Personen aus den Bereichen Psychotherapie, Diätologie oder Sozialarbeit beschäftigt. "Das ist ein Beispiel dafür, wie gut das System funktioniert", sagte Schumann. Das Modell biete tolle Möglichkeiten und zeichne sich etwa auch durch Öffnungszeiten aus, "die wirklich toll sind". Die Zahl der PVEs könnte heuer noch auf bis zu 130 steigen, prognostizierte sie.
Auch der Obmann der Österreichischen Gebietskrankenkasse, Peter McDonald, verwies darauf, dass die Zentren einen kostenlosen und hochqualitativen Zugang zur Gesundheitsversorgung auch außerhalb herkömmlicher Ordinationszeiten bieten würden. Bis zu 14 Berufsgruppen, so hob er hervor, seien in Primärversorgungseinrichtungen vertreten. Für Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) sind diese Zentren auch eine Möglichkeit, den Rückgang bei der kassenärztlichen Versorgung zu kompensieren.
"Es finden sich immer weniger Ärzte, die alleine eine Ordination betreiben wollen", gab er zu bedenken. Das Modell sei ein Erfolg. 150.000 Patientinnen und Patienten würden pro Jahr in Wien dort inzwischen gezählt. Doch auch in den ländlichen Gebieten nimmt deren Zahl zu, wie die Salzburger Gesundheitslandesrätin Daniela Gutschi (ÖVP) hervorhob. Dort seien die Einheiten für die Versorgung ebenfalls essenziell.
Ministerin Schumann verwies darauf, dass der Ausbau unter anderem durch Fördermittel gelungen ist. Insgesamt 100 Mio. Euro lagen dafür im Topf. Für eine Neuerrichtung konnten bis zu 1,5 Mio. Euro lukriert werden. Die Mittel sind jedoch so gut wie ausgeschöpft, wie es heute hieß.
"Es wäre gut, wenn wir die Förderung fortsetzen könnten", befand der stellvertretende Obmann der ÖGK, Andreas Huss. Er kündigte an, dass es dazu Gespräche geben wird. Das Ziel sei weiterhin, bis 2030 mindestens 300 Primärversorgungseinheiten zu errichte
Interprofessionelle Zusammenarbeit im Zentrum
Ein zentrales Element der Primärversorgungseinheiten ist die interprofessionelle Zusammenarbeit. Allgemeinmediziner:innen und/oder Kinderärzt:innen, diplomierte Pflegekräfte, Ordinationsassistenzen, Psycholog:innen, Therapeut:innen und Sozialarbeiter:innen arbeiten Hand in Hand, um eine umfassende Betreuung zu gewährleisten.
Vorteile für Patient:innen und das Gesundheitssystem
Mit PVE erhalten Patient:innen eine umfassende und niederschwellige allgemeinmedizinische und kinderärztliche Versorgung direkt vor Ort. Die hohe Patientenzufriedenheit ist einer von vielen Vorteilen. Weitere Pluspunkte sind das erweiterte Leistungsangebot und die erweiterten Öffnungszeiten.
Auch für Mitarbeiter:innen bieten PVE Vorteile. Sie schätzen das Arbeiten im Team, die Flexibilität bei der Arbeitszeit und viele weitere Aspekte. Gleichzeitig entlasten die PVE das Gesundheitssystem.
Politische Unterstützung und EU-Förderung
Das neue Regierungsprogramm verankert die Stärkung der Primärversorgung als Grundlage für den Ausbau des niedergelassenen Bereichs und für eine bessere Vernetzung der Gesundheitsberufe. Die erste PVE in Österreich wurde 2015 in Wien gegründet. Mit der Eröffnung der 100. Einheit setzt Österreich ein starkes Signal für eine zukunftsfähige, gerechte und moderne Gesundheitsversorgung.
Für den Ausbau und die Attraktivierung der Primärversorgung hat Österreich im Rahmen des EU-Aufbauplans 100 Millionen Euro erhalten. Diese Fördermittel stärken die wohnortnahe Gesundheitsversorgung gezielt und nachhaltig.
Stimmen aus dem Gesundheitswesen
Korinna Schumann, Bundesministerin:
„Die Stärkung der Primärversorgung liegt mir persönlich sehr am Herzen – denn sie bringt gute, wohnortnahe Gesundheitsversorgung dorthin, wo sie gebraucht wird: zu den Menschen.
Mit der 100. Primärversorgungseinheit haben wir einen großen Meilenstein erreicht – und zeigen, dass dieses moderne Versorgungsmodell in ganz Österreich ankommt. Dahinter stehen engagierte Teams und viel Herzblut. Mein Dank gilt allen Beteiligten, die mit ihrem Einsatz und ihrer Expertise maßgeblich zu dieser Erfolgsgeschichte beigetragen haben.“
Daniela Gutschi, Landesrätin:
„Die österreichweite Ausrollung der Primärversorgungseinheiten ist ein zentraler Baustein für eine moderne und patient:innennahe Gesundheitsversorgung in allen Bundesländern. Die Patient:innen schätzen diese Einrichtungen, sie bieten längere Öffnungszeiten, entlasten unsere Spitäler und verbessern nachhaltig die Patientenversorgung. Dies ist vor allem in den ländlichen Gebieten wichtig, damit die Patientinnen und Patienten nach dem Prinzip des „Best Point of Service“ die für sie beste medizinische Versorgung am richtigen Ort erhalten.
In Salzburg sind die RSG Planungsvorgaben bereits jetzt – in guter Zusammenarbeit mit ÖGK und Ärztekammer sowie in enger Abstimmung mit der Plattform Primärversorgung – übertroffen. Durch die RRF Förderungen werden Aufbau und Weiterentwicklung der Primärversorgungseinheiten gezielt unterstützt. So stellen wir gemeinsam wichtige Weichen für eine moderne und patientenzentrierte Versorgung in allen Regionen.“
Peter Hacker, Gesundheitsstadtrat:
„Selbst in Zeiten knapper Budgets gibt es Bereiche, in die trotzdem weiter investiert werden muss. Dazu gehört für mich vor allem der Ausbau der regionalen Gesundheitszentren im niedergelassenen Bereich. Wie leistungsfähig diese neuen Zentren sind, beweisen zwei Zahlen: Im vergangenen Jahr haben die bestehenden PVE in Wien und 150.000 Patientinnen und Patienten behandelt, die Erstversorgungsambulanzen vor den Wiener Spitälern rund 160.000 Menschen. Darum haben wir in Wien einen Plan erarbeitet, der mindestens 100 solcher regionaler Gesundheitszentren bis 2030 vorsieht und wir sind heute schon auf einem guten Weg, dieses Versprechen einzuhalten. Das bringt eine bessere Versorgung für die Wienerinnen und Wiener, verkürzt Wartezeiten und vermeidet unnötige Wege in die Spitäler.“
Peter McDonald, ÖGK-Obmann:
„PVE sind ein zentraler Bestandteil der Gesundheitsversorgung der Zukunft und wichtig, um die Spitäler zu entlasten, Wartezeiten für die Patient*innen zu reduzieren und den kostenlosen, hochqualitativen Zugang zu Gesundheitsversorgung im Bedarfsfall, auch außerhalb herkömmlicher Ordinationszeiten, abzusichern. Grundsätzlich müssen wir es uns im gesamten Gesundheitssystem noch stärker zur Aufgabe machen, Patientenströme nachhaltig zu lenken und die Leistungsfähigkeit unseres Gesundheitssystems auch in Zukunft sicherzustellen. PVE in Kombination mit neuen Möglichkeiten der Telemedizin und -konsultation leisten dabei einen relevanten Beitrag.“
Andreas Huss, stv. Obmann der ÖGK:
„100 PVE sind ein schöner Meilenstein. Wir sehen wie gut PVE angenommen werden, sowohl von unseren Ärzt*innen, den anderen Gesundheitsberufen als auch von unseren Versicherten. Teamwork und die Vernetzung verschiedener Gesundheitsberufe garantieren beste Versorgung als Kassenleistung. Es ist ein Modell der Zukunft, das wir als ÖGK weiter ausbauen wollen, mein Ziel ist es bis 2030 300 PVEs zu schaffen und damit rund ein Drittel der Bevölkerung zu versorgen.“
Peter Lehner, Obmann der Sozialversicherung der Selbständigen:
„Primärversorgungseinheiten sind für unsere Versicherten ein attraktives, zeitgemäßes, ergänzendes Angebot zu den Ordinationen im niedergelassenen Bereich. Die ersten 100 PVEs leisten einen wertvollen Beitrag für die Versorgung in Österreich.“
Johannes Steinhart, Präsident der Österreichischen Ärztekammer:
„In der Gesundheit unserer Kinder liegt die Stärke unserer gemeinsamen Zukunft. Die Kinder-PVE stammen aus der Feder der Kammer für Ärztinnen und Ärzte in Wien und wurden gemeinsam mit den Sozialpartnern ins Leben gerufen. Dieses Beispiel zeigt, wie innovativ Gesundheitsversorgung gestaltet werden kann, wenn man die Expertise und Erfahrung der Ärzteschaft aktiv in die Patientenversorgung – insbesondere bei den Jüngsten unserer Gesellschaft – miteinbezieht. Mit mittlerweile acht Standorten in Wien beweist dieses Modell, dass selbst in Mangelfächern wie der Kinder- und Jugendheilkunde moderne Versorgungsstrukturen geschaffen werden können. Gerade deshalb ist es aus Sicht der Kammer für Ärztinnen und Ärzte in Wien sinnvoll und notwendig, die Standesvertretung in gesundheitspolitische Entscheidungen frühzeitig einzubinden.“
Inge Köberl-Hiebler, Vizepräsidentin Österreichischer Gesundheits- und Krankenpflegeverband (ÖGKV):
„Wir gratulieren herzlich zum Meilenstein von 100 Primärversorgungseinheiten in Österreich. Der kontinuierliche Ausbau dieser Versorgungsform stärkt die niedrigschwellige, wohnortnahe Gesundheitsversorgung der Bevölkerung - insbesondere von Kindern. Pflege spielt in den PVE eine zentrale Rolle und es freut uns sehr, dass Pflegepersonen dort ihre fachliche Kompetenz in vollem Umfang einbringen können.“
Verteilung der Kinder-PVE in Österreich
Kinder-PVE gibt es in den folgenden Bundesländern:
Niederösterreich: 1
Oberösterreich: 1
Steiermark: 2
Vorarlberg: 1
Wien: 8
Damit sind insgesamt 13 Kinder-PVE Teil des österreichischen Versorgungsnetzwerks.
Weitere Informationen
Österreichische Gesundheitskasse
Informationen zum RRF-Projekt und zu EU-Förderungen
Video zur Kinder-PVE Leuchtturm
Berichterstattung in den Medien:ORF-Livestream, Ö1 Mittagsjournal, Puls24, news.ORF.at
