Gewaltschutz im Gesundheitswesen
Eine Prävalenzstudie der Statistik Austria aus dem Jahr 2022 ergab, dass jede dritte Frau in Österreich im Erwachsenenalter körperliche und/oder sexuelle Gewalt erlebt, 16 Prozent der Frauen waren oder sind von intimer Partnergewalt betroffen. Gewalt im sozialen Nahbereich stellt nicht nur ein (vermeidbares) Krankheitsrisiko mit hohen Gesundheitskosten, sondern auch eine gravierende Menschenrechtsverletzung dar. Mit Ratifizierung der Istanbul Konvention 2013 und im Rahmen der Agenda 2030 der Vereinten Nationen verpflichtete sich Österreich zur Bekämpfung verschiedenster Formen von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt.
Dieses Bestreben erfordert eine ressort- und bereichsübergreifende Zusammenarbeit, bei dem das Gesundheitswesen eine Schlüsselrolle spielt: Das Gesundheitssystem ist häufig die erste Anlaufstelle für Betroffene, die sich bis zu diesem Zeitpunkt noch niemandem anvertraut haben. Wenn sichergestellt wird, dass die richtigen Fragen gestellt und die Opfer an die richtigen Stellen überwiesen werden, kann dies dazu beitragen, die Gewaltspirale zu durchbrechen und Betroffene aus ihrer Isolation zu befreien.
Die Umsetzung der Verpflichtungen, die sich durch die Ratifizierung der Istanbul Konvention ergeben, wird durch das unabhängige Expertengremium GREVIO (group of experts on action against violence against women and domestic violence) kontrolliert. Der Gewaltschutz im österreichischen Gesundheitssystem soll gemäß den Empfehlungen von GREVIO sukzessive ausgebaut werden. Das vom BMSGPK beauftragte Projekt „Gewaltschutz im Gesundheitswesen“ verfolgt dieses Ziel durch das Setzen von aufeinander aufbauenden Maßnahmen und der Erarbeitung von bundesweiten Gewaltschutzstandards im Gesundheitswesen in Zusammenarbeit mit einem multidisziplinären Fachbeirat.
Zentraler Anker für den Gewaltschutz im Gesundheitswesen sind Gewaltschutzgruppen
Kinderschutzgruppen (KSG) für Kinder als Opfer von häuslicher Gewalt und Missbrauch sowie
Opferschutzgruppen (OSG ) für erwachsene Opfer,
zu deren Errichtung Akutkrankenanstalten rechtlich verpflichtet sind (§ 8e KAKuG). Um die gesetzlich vorgeschriebene Implementierung der OSG zu unterstützen und voranzutreiben, war eine erste Maßnahme die Erstellung einer Online-Toolbox für Opferschutzgruppen, welche seit September 2020 zur Verfügung steht und eine Sammlung von Informationen und good practice Instrumenten für die Implementierung und den Betrieb einer OSG enthält. Neben der laufenden Aktualisierung und Erweiterung der Toolbox werden im Projekt gemeinsam mit dem multidisziplinären Fachbeirat Gewaltschutzstandards entlang der GREVIO Empfehlungen für Österreich definiert. Aktuelle Arbeiten betreffen einen Handlungsleitfaden für den niedergelassenen hausärztlichen Bereich und eine bundesweit einheitliche Erfassung von Fällen häuslicher Gewalt in Krankenanstalten.
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